Jedes Bauen führt in dieser Anlage zu starken Veränderungen der Bezüge innerhalb des Gefüges Park - Villa. Damit sind diese Bezüge neu zu definieren, die unbestrittene Schutzwürdigkeit muss relativiert und im Rahmen einer neuen Gesamtanlage integriert werden.

Die Gartenanlage vor der Villa ist konzeptionell intakt und kann mit relativ bescheidenem Aufwand, dem neuen Idealplan entsprechend, kontinuierlich umgewandelt werden. Die rückwärtige Anlage ist seit längerer Zeit amputiert. Das übrig gebliebene Reststück weist zwar malerische Aspekte auf und vermag die räumliche Situation zu fassen, ist in seiner Gesamtform aber nur noch ein bescheidenes Bruchstück. Dies obwohl darin wichtige Bäume und die Anlage des Wasserfalls mit dem romantischen Portikus enthalten sind. Die rückwärtige Einfamilienhausbebauung konnte nie klar begrenzt werden und ufert aus. Ein Eingriff in dieser rückwärtigen Reihe kann die Situation klären. Der Neubau wird zum Bindeglied zwischen den Baukörpern der Anlage des Parks und der angrenzenden Einfamilienhausbebauung, ohne eine Ausgrenzung dieser Einfamilienhäuser zu bewirken. Daneben begrenzt der Neubau die räumlichen Bezüge der vier Baukörper des Kindergartenseminars.

Der Neubau bildet zusammen mit der Villa und dem Bauernhaus eine enge volumetrische Beziehung, ordnet sich diesen aber eindeutig unter. Die Lage gewährt optimale funktionale Bezüge. Die Aufteilung der Räume erfolgt gemäss der Belegungsstudie. Zusätzliche Lagerräume wie auch die technische Neuausrüstung werden im Untergeschoss der bestehenden Villa untergebracht. Dies ermöglicht durch die unmittelbare Nähe eine zentrale Lösung für alle Gebäude. Die funktionelle Verteilung ergibt klare Zuordnungen und reduziert mögliche Immissionsbelastungen heikler Räume. Die bestehenden Gebäude können kontinuierlich angepasst werden. Mit der Integration des Neubaus in die Topografie, er ist im Gelände eingelassen, kann auch eine Klärung der rückwärtigen räumlichen Konstellation geschaffen werden. Mit der Ausweitung des Vorfahrtsraumes bis an die rückwärtige Mauer – neue Hangbefestigung – erhält man eine grosszügige Raumfolge. Die Gemeinschaftsräume werden dem Zugang zugeordnet und beleben diesen Empfangsbereich. Damit kann eine andere – urbanere – Qualität des Aussenraumes im Verhältnis zu den Räumen der Gartenanlage geschaffen werden. Mit dem Loslösen der Schulräume (Werken) im Obergeschoss von der rückwärtigen Mauer wird der gesamte Erdgeschossbereich spannungsvoll belichtet. Der bestehende Wasserfall wird als räumliche Durchdringung von Dachgarten bis zum Eingangsbereich im Erdgeschoss neu thematisiert. Das über die Wände fliessende Wasser wird zum stimmungsvollen gestalterischen Element, das Innen und Aussen miteinander verbindet. Der Dachgarten – eine Neuinterpretation des unterbauten Terrassengartens, klassisches Thema der Renaissancearchitektur, als »giardini pensili« hängende Gärten bezeichnet – thematisiert die Beziehung zur ehemaligen oberen Gartenanlage und schafft einen Ersatz der bestehenden Bepflanzung.

Der Park hat eine wechselvolle Geschichte. Der heutige Zustand ist ein Konglomerat aus verschiedenen Epochen. Er wurde laufend verändert und ergänzt. Die heutige Parkanlage umfasst nur noch Teile der ursprünglichen Ausdehnung. Während der formale Garten weitgehend erhalten geblieben ist, hat der landschaftliche Teil aus folgenden Gründen seine Substanz verloren. Der landschaftliche Garten braucht eine Neuinterpretation, die die extrovertierte Anlage in eine stärker introvertiertere Konzeption überführt: neuer Abschluss mit Säulenbuchen, Entfernen von standortfremden Bäumen und Sträuchern, Wiederbelebung des ursprünglichen Raumkonzeptes, das ist ein Wechsel von dichter raumbildender Bepflanzung und Solitärbäumen, Wiederbelebung der Funktion als Arboretum mit Neupflanzungen, zeitgenössische Neuinterpretation des Landschaftsgartens – Skulpturenpark – mit punktuellen Interventionen, da Rekonstruktion nicht mehr möglich, Beleben des poetischen Inhaltes.

Die räumliche Artikulation des Dachgartens öffnet den Blick in die Vertikale, zum Himmel. Der Dualismus zum architektonischen Garten der Villa und zum romantischen Landschaftsgarten erzeugt dabei auch eine Spannung, die die neue Lesart der Gesamtanlage verstärkt.

Kategorien
Wohnen
Auftragsart
Wettbewerb
Bauherrschaft
Tertianum AG
Jahr
1996
Auszeichnung
Ankauf
Adresse
Kreuzbuchstrasse 33b
6006 Luzern
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